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Elektrokardiogramm – Messung der Herzstromkurve

Das Elektrokardiogramm, kurz EKG genannt, stellt die elektrischen Vorgänge, die bei der Herzaktion entstehen, dar. Hier werden die Strömungen des Erregungsleitungssystems des Herzens gemessen und damit auch Störungen innerhalb der Erregungsausbreitung und der Rückbildung festgestellt.

Damit können Rückschlüsse auf Veränderungen des Herzens in Bezug auf Lage, Größe, Gefäßverengungen, Rhythmusstörungen usw. gezogen werden.

Vorgänge im Herzen

Im Vergleich zu anderen Muskeln hat das Herz ein eigenständiges (autonomes) Erregungszentrum, d.h. es ist selbstständig in der Lage, einen elektrischen Reiz zu bilden und diesen weiter zu leiten. Dieses Erregungszentrum ist der Sinusknoten, der im rechten Vorhof in Höhe der Einmündung der oberen Hohlvene liegt.

Von hier gelangt der Reiz über die Vorhofmuskulatur, die zur Kontraktion angeregt wird, zum AV-Knoten. Von dort aus verläuft die Erregung über das sogenannte His-Bündel, einer Leitungsverbindung zwischen Vorhöfen und Hauptkammern des Herzens, das aus spezialisierten Myocardfasern besteht.

Am Oberrand des muskulären Teils der Herzkammerscheidewand spaltet sich das Bündel in die beiden Tawaraschenkel herzspitzenwärts und verzweigt sich von hier aus als feinste Fasern, in den Purkinje-Fasern.

Der Sinusknoten wird auch als primärer Schrittmacher (mit einer Eigenfrequenz von etwa 60-80 Erregungen pro Minute) bezeichnet. Im Notfall kann der AV-Knoten als sekundärer Schrittmacher die Funktion des Sinusknotens übernehmen. Seine Eigenfrequenz liegt bei 40-60 Erregungen pro Minute. Die Leitungsgeschwindigkeit der Erregung hängt ab vom Durchmesser der Myocardfasern.

Das Elektrokardiogramm
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Das Elektrokardiogramm
  • Klinge, Rainer (Autor)

Ableitung von Herzströmen

Die vom Herzmuskel ausgehenden Herzströme breiten sich im gesamten Körper aus und lassen sich in einem Elektrokardiographen messen, indem Elektroden an festgelegten Ableitungspunkten angelegt werden. Die hier gemessenen Ströme werden zur graphischen Aufzeichnung im EKG-Gerät wesentlich verstärkt.

Für die Messung der sehr schwachen Herzströme unterscheidet man bei der Befestigung der Elektroden zwischen Klebe-, Saug- oder Klammerelektroden aus rostfreiem Stahl. Mit einem gut durchfeuchteten Elektrodenpapier bzw. Kontaktgel werden die Elektroden auf bestimmte Körperstellen gebracht und über Kabel mit dem EKG-Gerät verknüpft.

Theoretisch könnte die Ableitung der Herzströme an jeder Stelle des Körpers vorgenommen werden, es wird jedoch normalerweise mit zwölf festgelegten Standardableitungen gearbeitet.

Die in einer Praxis üblichen Ableitungsformen werden als sogenannte bipolare Extremitätenableitungen nach Einthoven bezeichnet.
Sie geben vor allem Auskunft über Veränderungen bzgl. der Lage des Herzens. Dabei unterscheidet man zwischen drei Ableitungen:

  • Ableitung zwischen rechtem Arm und linkem Arm (Ableitung I)
  • Ableitung zwischen rechtem Arm und linkem Fuß (Ableitung II)
  • Ableitung zwischen linkem Arm und linkem Fuß (Ableitung III)

Bei diesen drei bipolaren Extremitätenableitungen wird die Spannungsdifferenz zwischen jeweils zwei Elektroden gemessen.
Im Gegensatz dazu werden bei den unipolaren Extremitätenableitungen nach Goldberger jeweils zwei der Extremitätenableitungen zusammengeschaltet (Nullelektrode) und die Spannung gegen die dritte Ableitung (differente Elektrode) gemessen.

Diese Ableitungen werden mit aVR (rechter Arm), aVL (linker Arm) sowie aVF (rechter Fuß) gekennzeichnet.

Bei den sechs unipolaren Thoraxableitungen nach Wilson werden Elektroden nicht nur an Extremitäten, sondern auch an verschiedenen Punkten der Brustwand angelegt. Diese Spannungen an den mit V1 bis V6 gekennzeichneten Punkten werden gegen eine Sammelelektrode gemessen, die aus den drei Extremitätenelektroden zusammengeschlossen ist. Während V1 und V2 vor allem Veränderungen im rechten Herzen erkennen lassen, geben V3 und V4 vor allem Aufschluss über Veränderungen im Bereich der Herzscheidewand, V5 und V6 machen Veränderungen am linken Herzen deutlich.

Bei der Aufzeichnung der elektrischen Ströme über das EKG-Gerät werden auf einem Papierstreifen Wellen, Zacken und Strecken aufgezeichnet, die man bestimmten Herzaktionen zuordnen kann. Mit der Programmauswahl des Gerätes kann man einstellen, wann welches Ableitungssystem aufgezeichnet werden soll, beispielsweise zunächst Ableitungen I-III, dann aVR, aVL und aVF und schließlich die Brustwandableitungen.

Während der Aufzeichnung sollte der Patient möglichst ruhig liegen.

Um die Leistungsfähigkeit bzw. Belastbarkeit eines Herzens zu bestimmen, kann neben dem Elektrokardiogramm in Ruhe auch ein Belastungs-EKG geschrieben werden. Dazu macht der Patient beispielsweise Kniebeugen oder fährt auf einem speziellen Fahrrad.

Unter dieser sich steigernden Belastung wird in Abständen ein weiteres EKG geschrieben, nicht ohne in bestimmten Abständen auch Puls und Blutdruck zu messen.

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Geschichte Elektrokardiogramm

Als erster konnte der italienische Physiker und Anatom Luigi Galvani (1737-1798) nachweisen, dass das Muskelgewebe von Tieren auf elektrische Reize reagiert. Er entdeckte 1780, dass ein abgetrennter Teil eines Frosches stark zusammenzuckte, als er mit einer elektrischen Apparatur in Berührung kam.

Er wusste damals noch nicht, dass geringe elektrische Energie von den Muskeln selbst erzeugt wurde. Dieses stellte erst Professor Albert von Kölliker im Jahre 1856 fest. Nach ihm gelangen dem Franzosen Etienne J. Marey (1830-1904) elektrokardiographische Aufnahmen von Schildkröten- und Froschherzen.
Anatom-Luigi-Galvani
1887 leitete der britische Physiologe D. Waller (1856-1922) erstmals Aktionsströme des Herzens ab, indem er Elektroden am Körper anlegte und die Messungen aufzeichnete. Ein für den Menschen brauchbares Gerät zur Messung der Herzaktionen wurde von dem Niederländer Willem Einthoven (1860-1927) im Jahre 1903 konstruiert. Er gilt als der Entdecker des Elektrokardiogramms.

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